Auf Facebook habe ich diese zwei alten Überwachungskameras angeboten. Grundig Fernauge. Natürlich habe ich wieder einen mehrdeutigen, kongenialen Text geschrieben, der für jeden etwas bereithält. Aber: er ist kontrovers! Das hat man an der entbrannten Diskussion gemerkt, wo sich ein paar wenige Menschen arg getroffen und angesprochen gefühlt haben (ist legitim) und die meisten anderen aber nach wie vor die Absicht des Textes verstehen konnten. Und es gab auch viel Lob! Sehr viele Kommentatoren haben klar Stellung bezogen und das schätze ich sehr. Das erfordert Mut. Besonders in der heutigen Zeit. Aber auch die Leute, die sich kritisch geäußert haben, haben sich mutig gezeigt. Es war eine anstrengende, intensive aber insgesamt fruchtbare Diskussion. Es gab auch Menschen, die mich persönlich kontaktiert haben und absichtlich nicht öffentlich kommentiert haben, weil sie sich aus diesen Nesseln raushalten wollten. Verstehe ich gut. Ich wusste schon beim Schreiben, dass dieser Text Zündstoff enthält. Aber sieh selbst:
Einmal Stasi-Spitzel sein. Einmal den Traum eines jeden SEDlers wahr werden lassen. Sich einmal so fühlen wie jemand, der über dem Gesetz steht und dem Datenschutz, Privatsphäre und Anstand völlig fremd sind.
Hach, wäre das nicht schön?! So ein bisschen DDR-Romantik? So ein bisschen „wenn Sie nichts zu verbergen haben, haben Sie nichts zu befürchten“ durchspielen?
Oder jemandem, der mit Datenschutz völlig sorglos umgeht einmal zeigen, wie sich das anfühlt? Eine Kamera in seinem (oder ihrem) Schlafzimmer aufstellen und „Big Brother“ aus George Orwells Roman 1984 (heute aktueller denn je) der eigenen Familie („lest gefälligst mal ein Buch, faule Bande!“) näher bringen?!
Heute werden alle deine Träume wahr!
Durch magische Beschwörungsformeln („huch, was ist denn das da?“) gibt unser Dachboden immer neue Schätze frei. Heute hat er nicht ein, sondern gleich zwei GRUNDIG FA43 (das FA steht nicht für das verhasste Finanzamt, sondern für Fernauge – und zeigt wieder einmal, wie toll die deutsche Sprache eine Überwachungskamera beschreiben kann) ausgespuckt.
Das Fernauge ist eine Kamera mit – Achtung – manuell(!) verstellbarem Objektiv. Das geht nicht kaputt. Nicht so wie der neumodische Kram mit eingebauter Obsoleszenz. Diese Dinger halten ewig. Deshalb haben sie auch bei uns überlebt, damit DU ihnen jetzt ein neues Leben schenken kannst.
Bist du Bastler, suchst du Ersatzteile oder kennst du jemanden, an den du die Dinger mit Gewinn weiterverkaufen kannst? Dann wirst du gleich so richtig happy.
Das eine Fernauge hat ein Objektiv dabei (kann mir vorstellen, dass die Dinger heute richtig teuer sind), das zweite nicht. Zwei Kameras sind trotzdem gut, weil es heißt ja immer „mit dem Zweiten sieht man besser“ obwohl es ohne Objektiv nicht so viel bringt. Naja, bist du eben auf dem rechten Auge blind. Oder auf dem linken? Egal! Du kannst es dir aussuchen!
Dafür hat die zweite Kamera nicht nur die original Styropor-Verpackung dabei SONDERN(!): die Gebrauchsanleitung und Garantiekarten für den dazugehörigen Fernsehmonitor (den wir aber bisher noch nicht gefunden haben).
Also falls du Sammler bist und das Teil kennst, dann müsstest du in dem Sabber, den du vom Lesen dieser Beschreibung bekommen hast, schon ein Boot zu Wasser lassen können.
Bedauerlicherweise konnte ich die Kameras jetzt nicht testen und damit kann ich für deren Funktionsfähigkeit auch keine Garantie übernehmen. Ich mein – ich kann nicht mal garantieren, dass ich mich am Sonntag vollständig anziehe, wenn ich zu faul bin und mich kenne ich besser als diese Kameras. Aber gut, ich hoffe, du siehst es mir nach, dass ich Gewährleistung und so Zeuch ausschließen muss.
Wenn dir beim Lesen des Textes oder beim Anblick der Bilder sofort Marschmusik eingefallen ist, du strammstehst oder du dein Parteibuch wieder herausgekramt hast, würde ich mich mit dem Kauf auf jeden Fall näher beschäftigen. Es könnten genau die beiden Kameras sein, die dir noch zu deinem Glück gefehlt haben. Oder deiner Familie („was kaufst du wieder für einen Scheiß?“) das Leben zur Hölle machen. Du entscheidest.
(Standort in Trosdorf in der Gemeinde Bischberg)
Ob so mancher besorgter Kritiker meiner Verkaufsanzeige, der „Nie wieder!“ propagiert oder gedacht hat, mich ungeimpften Sozialschädling gerne hätte verrecken lassen? Hm…